Nach Lampedusa – Wanderfantasien // Musiktheater

Von und mit Ursina Greuel, Daniel Hellmann, Samuel Fried
Musik: Franz Schubert
«Nach Lampedusa – Wandererfantasien» ist ein romantisch-dokumentarischer Musiktheaterabend, in dem die Grenzen zwischen Vertrautem und Fremden durchlässig werden.
Eine Schauspielerin, ein Sänger und ein Pianist arbeiten sich durch Akten, Interviews und Anklageschriften aus laufenden Asylverfahren. Der Stücktext (Ursina Greuel) setzt sich aus verschiedenen dokumentarischen Quellen zusammen und zeichnet die Struktur der Interviews nach, in denen Asylsuchende die Legitimität ihres Flüchtlingsstatus kurz nach ihrer Ankunft in der Schweiz belegen müssen. Bürokratische Schematisierung und individuelle Lebensgeschichten treffen aufeinander.
Wer sind die Menschen hinter den Papierstapeln? Durch den Filter des romantischen Kunstliedes, in dem die Themen «Wandern» und «Sehnsucht» zelebriert werden, erproben Ursina Greuel, Daniel Hellmann und Samuel Fried einen differenzierten Blick auf zeitgenössische Geschichten des Auswanderns, spielen Perspektiven jenseits von Klischees und politischer Vereinnahmung durch. Mit Musik von Franz Schubert und einem musikalischen Zugriff auf Sprache werden die Aktennotizen zum Leben erweckt. Gleichzeitig trennt die romantische Musik als bürgerlich-mitteleuropäisches Kulturgut die drei Akteure vom Schicksal der Asylsuchenden. Sie ist ein Übersetzungsversuch in einen Erfahrungs- und Imaginationshorizont, der uns geläufig ist. Und sie kann gar zum Rückzugsort, zu einem Schutzraum der Stilisierung werden. Ist das Publikum bereit, die Konsequenzen aus dieser Annäherung zu ziehen?